Beispiel aus dem Dienstgebiet
Artgerechte Tierhaltung - Landwirt erfüllt Wunsch der Verbraucher
Um weiter Tiere halten zu können, müssen Landwirte vorhandene Ställe häufig vergrößern und neu ausstatten, wenn die Anzahl der Tiere am landwirtschaftlichen Betrieb gleich bleiben soll.
Denn Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich, um Wurst und Fleisch mit gutem Gewissen essen zu können, dass Tiere gut leben, bevor sie geschlachtet werden. Hinzu kommen Auflagen zum Schutz der Umwelt, z. B. Abluftfilter, die Tiergerüche oder Staubpartikel in der Luft verhindern.
Diese Vorgaben verteuern die Produktion von Fleisch. Parallel dazu erlösen Tierhalter seit Jahren beim Verkauf ihrer Tiere weniger Geld. Und das bei meist steigenden Kosten für die Produktion. Das hat Konsequenzen für die Landwirtinnen und Landwirte.
Ihr sinkendes Einkommen versuchen landwirtschaftliche Betriebe häufig mit der Haltung von größeren Tierzahlen zu kompensieren. Sie nehmen Geld in die Hand und investieren in den Neu- und Ausbau ihrer Betriebe. Dafür können Sie über Förderanträge der Landwirtschaftsverwaltung finanzielle Hilfen erhalten.
"Im Dienstgebiet unseres Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Bad Neustadt/S haben zwischen 2010 und 2020 etwa die Hälfte der schweinehaltenden Betriebe ihre Tierhaltung ganz eingestellt. Die Anzahl der gehaltenen Tiere hat sich jedoch kaum verändert", so Julian Megner, Berater in der Abteilung Beratung und Bildung. "Staatliche Fördermaßnahmen unterstützen die Betriebe. Zudem beraten wir Tierhalterinnen und -halter, wie sie vorhandene Ställe umgestalten oder neue Ställe artgerecht bauen können."
Beispiel aus dem Dienstgebiet
Landwirt Arnold Lurz aus Großeibstadt geht eigenen neuen Weg
Landwirtschaftsmeister Arnold Lurz führt auf seinem elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb den Betriebszweig Ferkelerzeugung in jahrzehntelanger Tradition fort. "Es hat mir Spaß gemacht, kleine Ferkel für Schweinemäster, die diese dann als Mastschweine schlachtreif füttern, aufzuziehen. Hierbei ist viel Erfahrung und Gefühl für die Muttertiere notwendig, damit die kleinen Schweinchen einmal gesund auf die Welt kommen und dann ihren ersten Lebensabschnitt mit der Muttersau und vielen Geschwistern gut überstehen."
Seit Mitte der 2010er Jahre beobachtet er die steigenden Ansprüche des Gesetzgebers an die Ferkelerzeugung. Seine Kunden sind Landwirte, die in die Mast investieren und größere Ställe bauen. Dort werden aus kleinen Schweinen mit etwa 30 Kilo schlachtreife Tiere mit etwa 120 Kilo Lebendgewicht.
Forderungen der Gesellschaft erzwingen Veränderung
Diese Mäster fragen sehr große Stückzahlen von mastfähigen Ferkeln nach, die kleine Ferkel erzeugende Betriebe nicht liefern können. Somit geben viele kleinere Mastbetriebe aus der Region den Betriebszweig Schweinemast auf. Die Folge: Lurz fallen Kunden weg.
Die Krise als Chance begreifen
"Mit Schweinezucht aufhören, sich mit Anfang 50 nochmal auf einen neuen Arbeitsplatz bewerben, viel Geld für einen Stallneubau in die Hand nehmen?", fragte sich Lurz lange. "Ich liebe meine Arbeit mit den Schweinen. Und so ganz ohne die Tiere konnte ich mir meinen landwirtschaftlichen Betrieb erst einmal nicht vorstellen."
Interessengemeinschaft Bayerisches Strohschwein e.V.
Glückliche Zufälle ließen Lurz auf die Interessengemeinschaft Bayerisches Strohschwein e.V. (IG Bayerisches Strohschwein e.V.) stoßen. Darin organisieren sich Landwirte, die mehr für das Tierwohl tun möchten und einen Kundenkreis suchen, der bereit ist, diesen Mehraufwand zur honorieren.
"Die Aufzucht der Schweine auf Stroh ist besonders artgerecht, gesund und schmerzfrei für die Tiere. Deshalb relativiert sich der Einsatz von Medikamenten. In Verbindung mit einer von uns gewollten verlängerten Mastdauer bildet sich die Muskulatur sehr gut aus.
Das Fleisch wird direkt von regionalen Zulieferern an die Metzgereien geliefert und somit kann ein frisches und qualitativ hochwertiges Produkt garantiert werden. Der Kunde profitiert von der gesunden und nachhaltigen Premium-Qualität, die das Fleisch und letztendlich auch die Wurst des Strohschweins ausmachen und kann das Produkt mit gutem Gewissen verzehren."
Die Umstellung von Masse zu Klasse
Einen Großteil der Anforderungen an das Tierwohl, die die Vermarktungsinitiative vorschreibt, kann Lurz erfüllen. Leben seine vorhandenen Muttertiere doch bereits auf Strohmatten.
Neu übernehmen muss er nun das Mästen seiner Ferkel. Dafür braucht er ausreichend große Stallplätze und Auslaufflächen an der frischen Luft. Eigenes Futter hat er für seinen Tierbestand schon immer erzeugt. Den Stallumbau schafft er mit handwerklichem Geschick selbst. Fördergelder des Landes Bayern helfen ihm bei der Planung des Umbaus und bei der Finanzierung.
Der neue Speiseplan für Masttiere
Die Ernährung von Muttersau und Ferkeln hat der gelernte Ferkelerzeuger im Griff, die Futterrationen der Mastschweine mit hofeigenem Futter erfordern eine neue Anbauplanung seiner Ackerfrüchte. "Jetzt baue ich Erbsen an und ersetze mit Erbseneiweis einen Teil vom Eiweiß aus Sojabohnen, die vorher aus Übersee geliefert wurden. Natürlich muss auch die richtige Kombination von Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate passen, nur so kann ein Tier Muskulatur und damit Fleisch bilden." Ausreichend Platz zum Rennen und Toben im Auslauf an der frischen Luft und Spielzeug zur Animation unterstützen diesen Prozess. Die Tiere sind gesund.
Was Lurz umtreibt, sind die Gerüche, die ein offener Stall mit sich bringt. Doch auch hier findet er eine Lösung. Durch das Einstreuen von Gesteinsmehl in die Strohmatte bindet er den Urin der Tiere, desinfiziert auf natürliche Art und Weise die Strohauflage und bindet austretendes Ammoniak. Der nun fast geruchlose Mist ist trocken und wird zum nährstoffreichen Dünger für die Pflanzen auf seinen Feldern.
Metzger sucht Bauer
Die Suche nach Kunden, die den Mehraufwand für das Fleisch der Strohschweine schätzen, wird zum letzten Schritt in der Betriebsumstellung von Landwirt Lurz. "Und diese Kunden waren auf der Suche nach mir", erklärt er lachend. Beim Vorstellen meiner Schweinehaltung auf Stroh in einer Metzgerei der Region lautete die erst Frage des Metzgers: "Wann kannst du liefern?"
Zwei kleine Metzgereien in der Region sind Lurz' neue Kunden. "Beide arbeiten handwerklich und wollen Fleisch verarbeiten, das aromatisch schmeckt, eine zarte, dichtere Textur hat, welches nicht fasrig ist, beim Garen weniger Wasser verliert und damit saftiger bleibt. Bedingt durch die artgerechte Tierhaltung und die längere Mastdauer erfüllt das Fleisch der Strohschweine diese Kriterien."
Fazit
Mit einem Lächeln im Gesicht zieht Schweinemäster Arnold Lurz sein Fazit zur Neuorganisation in seinem Schweinestall: "Ich habe jetzt mehr Arbeit und weniger Tiere, aber wenn ich sehe, wie glücklich die Tiere auf Stroh mit viel Platz leben, geht mir mein Herz auf und die etwas arbeitsintensivere Haltung lohnt sich. Mehr Tierwohl tut Mensch und Tier gut."