Deutsche Waldtage
Eröffnungsveranstaltung der Deutschen Waldtage 2022 im Landkreis Bad Kissingen
Nach 2016, 2018 und 2020 fanden in diesem Jahr unter dem Motto „Biologische Vielfalt erleben“ zum vierten Mal die Deutschen Waldtage statt. Auf Anregung der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Manuela Rottmann, richtete das AELF Bad Neustadt a.d.Saale zusammen mit seinen örtlichen Partnern die Eröffnungsveranstaltung im Landkreis Bad Kissingen aus.
Insgesamt fanden bei den diesjährigen Deutschen Waldtagen rund 350 Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet statt. Mehr als 40 Teilnehmende der Bundes-, Landes- und regionalen Ebene waren der Einladung von Dr. Rottmann in den Wald von Alfred Freiherr von Thüngen bei Zeitlofs gefolgt, darunter viele Spitzenvertreterinnen und Spitzenvertreter der deutschen und bayerischen Forst- und Naturschutzverbände.
Vertragsnaturschutz im Wald von Alfred Freiherr von Thüngen bei Zeitlofs
Nach Redebeiträgen von Dr. Rottmann, Georg Schirmbeck als Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrats und Prof. Dr. Hubert Weiger als Vertreter des Deutschen Naturschutzrings stellten das AELF Bad Neustadt a.d.Saale und die Untere Naturschutzbehörde (UNB) am Landratsamt Bad Kissingen im Wald von Alfred Freiherr von Thüngen das Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNPWALD) vor. Behördenleiter Oliver Kröner bezeichnete das VNPWALD als das Waldnaturschutz-Trittsteinkonzept im bayerischen Privat- und Körperschaftswald. Die im VNPWALD in Bayern ausbezahlte Förderung hat sich seit dem Jahr 2005 mit 0,436 Mio. Euro auf 10,427 Mio. Euro im Jahr 2021 mehr als verzwanzigfacht. Aktuell sind bereits rund 3,5 Prozent des bayerischen Privat- und Körperschaftswaldes mit einer VNPWALD-Förderung belegt und das politische Ziel von sechs Prozent kann bei anhaltender Fördermittelbereitstellung in den nächsten Jahren erreicht werden.
Die “Renner“ beim VNPWALD sind der Erhalt von Biotopbäumen mit im Jahr 2021 58 Prozent und das Belassen von Totholz mit 27 Prozent der ausbezahlten Fördermittel. Seit dem Jahr 2015 befinden sich in Bayern bereits rund 161.000 Biotopbäume und rund 54.000 Tothölzer in der Bindefrist. Auch die weiteren Fördertatbestände wie der Nutzungsverzicht oder der Erhalt von Stockausschlagswäldern fragen Waldbesitzer gut nach. Wichtig war Kröner zu betonen, dass die finanzielle Inwertsetzung von Waldnaturschutzleistungen bei den Waldbesitzern auch zu einer ideellen Inwertsetzung führt. Oftmals entsteht sogar so etwas wie „Besitzerstolz“, beispielsweise für einen Biotopbaum, der seltene Arten beherbergt. Eine Anschlussförderung nach Ende der bis zu zwölfjährigen Bindefrist ist für die allermeisten Waldbesitzer „Ehrensache“, so dass es kaum „Mitnahmeeffekte“ gibt.
Naturwald des Forstbetriebs Hammelburg der Bayerischen Staatsforsten (BaySF)
Zu Beginn des zweiten Exkursionspunkts in einem Naturwald des Forstbetriebs Hammelburg der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) stellte Kröner das Konzept der „Naturwälder“ in Bayern vor. Dabei soll bis zum Jahr 2023 im Staatswald ein grünes Netzwerk eingerichtet werden, das zehn Prozent der Staatswaldfläche umfasst und aus naturnahen Wäldern mit besonderer Bedeutung für die Biodiversität besteht. Neben dem Erhalt und der Verbesserung der Biodiversität, sollen Naturwälder auch für die Gesellschaft erlebbar gemacht werden und als Referenzflächen im Klimawandel dienen. Aktuell sind bereits mehr als 58.000 Hektar Staatswald rechtsverbindlich als Teil des grünen Netzwerks für die Zukunft gesichert. Hinzu kommen die bewaldeten Kernzonen der Nationalparke Bayerischer Wald und Berchtesgaden.
Stellvertretender BaySF-Forstbetriebsleiter Andreas Füller und Axel Reichert, BaySF-Naturschutzspezialist für Nordbayern, erläuterten, welchen Beitrag der Forstbetrieb Hammelburg mit seinen sogenannten Klasse 1-Wäldern, den Naturwaldreservaten, den Kernzonen im Biosphärenreservat Rhön und den weiteren Ergänzungsflächen für die Bayerischen Naturwälder leistet. Bei den Klasse 1-Wäldern handelt es sich um alte naturnahe Waldbestände, die die BaySF bereits ab dem Jahr 2011 freiwillig aus der Nutzung genommen haben. Im Forstbetrieb Hammelburg machen die Naturwaldflächen rund fünf Prozent der Forstbetriebsfläche aus.
Doch auch in den bewirtschafteten Wäldern des Forstbetriebs Hammelburg spielt der Waldnaturschutz eine große Rolle. Bei weiteren 18 Prozent der Forstbetriebsfläche handelt es sich um Klasse 2-Wälder (alte naturnahe Waldbestände) und 28 Prozent um Klasse 3-Wälder (jüngere naturnahe Waldbestände). Ziel ist dort eine Totholzanreicherung von bis zu 40 Vorratsfestmetern je Hektar und sind durchschnittlich zehn Biotopbäume je Hektar als ständiges Inventar. Und auch in allen übrigen Waldbeständen sollen Biotopbäume vorzugsweise der natürlichen Waldgesellschaft angereichert werden.
Waldnaturschutz durch Vorratsaufbau starker Bäume und Jagd
Beeindruckt waren die Teilnehmenden vom Vorratsaufbau bei den starken Buchen und Eichen über 60 cm Brusthöhendurchmesser im Forstbetrieb Hammelburg. Im Vergleich der beiden letzten Forstinventuren nahm der Starkbuchenvorrat in nur zehn Jahren um 26 Prozent und der Starkeichenvorrat sogar um 56 Prozent zu. Im gesamten Bayerischen Staatswald hat sich der Totholzvorrat (über sieben cm Durchmesser inkl. Stockholz) bereits von rund 13 m3 je Hektar im Jahr 2006 auf über 20 m3 je Hektar im Jahr 2021 erhöht. Davon profitieren viele Arten, die auf Biotopbäume und Totholz angewiesen sind. Auch die Jagd spielt beim Waldnaturschutz eine wichtige Rolle. Stellvertretender BaySF-Forstbetriebsleiter Andreas Füller stellt die Entwicklung der Rotwildabschüsse im Forstbetrieb vor.
Erfolgreiche Eröffnungsveranstaltung
Gemeinsam gelang es AELF Bad Neustadt a.d.Saale, UNB und BaySF bei der Eröffnungsveranstaltung der Deutschen Waldtage 2022, für den bayerischen Weg des Schützens und Nutzens auf möglichst großer Waldfläche zu werben und dabei die biologische Vielfalt erlebbar zu machen. Vertretende der Forst- und Naturschutzverbände diskutierten gemeinsam über diesen Weg. Positiv zu bewerten war, dass bei der Diskussion am Objekt „Wald“ ein tragfähiger Grundkonsens der beiden Seiten erkannt werden konnte.